Valentin Schmitt                    Pius IX

 

 

Weihe

 

Wenn deutschen Sängern es von je war eigen,

Den Helden sich zu weih’n mit ihrem Lied,

So darf ich singen auch von meinem Eid;

Denn Pius ist ein Held ja ohnegleichen;

 

Der Harfen beste wird es kaum erreichen,

Wenn sie den schönen Lorbeerhain durchzieht,

Daß ihre Saite Seiner würdig glüht,

Die Liebe jedoch singt und kann nicht schweigen;

 

Sie hat von Ihm zu singen mich gezwungen;

Doch ist’s nur traulich, wehmuth-süßes Flüstern,

Wie ein Gespräch vom Vater mit Geschwistern;

 

Und ist der Lieder Kranz auch nicht gelungen,

So hat ihn doch der Liebe Hand geweiht;

Nur sie allein ist’s, die ihm Werth verleiht.

 

 

Das Kind

13. Mai 1792

 

Beim Sturm von siebzehnhundert neunzig zwei

Hat, unberührt von der Gewitterschwüle,

Dort in Italien der Wonnemai

Entknospet eine Blume ganz in Stille;

 

Der Sonne heil’ger Strahl zog da vorbei

An Sinigaglia und goß in Fülle

Dort auf ein Röslein seine Himmelsweih’,

Liebkosend es in zauberischem Spiele;

 

Dies Röslein war ein Kind am Mutterherzen,

Holdlächelnd bei dem Schein der Himmelskerzen,

Und hieß Johann Maria von Mastei;

 

Man frug: „Was wird aus diesem Kinde werden“?

Doch ahnte keine Seele wohl auf Erden,

Daß dies ein Papst im Plane Gottes sei.

 

 

Der Täufling

13. Mai 1792

 

Wohl freute sich das Kindlein seines Lebens,

Doch hatte es der Unschuld Kleid noch nicht,

Und so war denn vor Gottes Angesicht

Sein Dasein auch, ob Evas Schuld, vergebens;

 

Da nimmt als eine Perle ihres Strebens

Es eine zweite Mutter noch in Pflicht;

Sie läßt es weih’n in Siloe und flicht

Die heil’gen Fäden seines Seins und Webens;

 

Vom Himmel aber floß der Gnade Segen,

Zu schirmen es auf allen Lebenswegen,

Damit ein Engel es auf Erden bliebe;

 

Denn jenem Sonnenreich der blauen Ferne

Entfielen für das Kind drei goldne Sterne:

Der Glaube war’s, die Hoffnung und die Liebe.

 

 

Der Namensträger

13. Mai. 1792

 

Wie Blumenflor und Ährengold im Samen

Und in der Eichel ruht die Kraft der Eichen,

So trug auch Pius seinen Blätterreichen

Lorbeer prophetisch schon in seinen Namen;

 

„Johannes“ klang’s, als sie zur Taufe kamen,

Und Liebe blieb auch sein Charakterzeichen;

„Maria“ drauf, der Name ohnegleichen,

Und die Gebenedeite gab ihr Amen;

 

Die Beiden, die sich nicht vom Kreuze trennten,

Beschirmen ihn mit vollen Segenshänden,

Seit man ihn Kreuz vom kreuz und Pius nannte;

 

Und dieser Name ist die Veilchenblüthe

Der dornenreichen Zeit, die Gottes Lande

Durchwürzt mit Vaterlieb’ und Engelsgüte.

 

 

Das Marienkind

 

Daß sich ihr Herz, das wonnenüberfüllte,

Mit seinem süßen Borne sanft erschließe,

Naht Masteis Mutter dem Barienbilde

Und haucht dort knieend Muttergottesgrüße:

 

„O Jungfrau-Mutter, milde, gute, süße,

Du Königin der himmlischen Gefilde,

O schau herab doch auf mein Kindlein milde,

Daß ihm der Gnade Thau in Fülle fließe“!

 

„O nimm, da meine Hände sündig sind,

„Du, Reinste, dich des lieben Engels an

Und sei ihm Mutter auf der Lebensbahn“!

 

Da sieh! am Bilde flammt’s wie Sonnenstrahlen,

Die segnend auf das Kindlein niederwallen;

Es war die Weihe zum Marienkind.

 

 

Die Mutter und das Kind

 

Wenn eine Mutter, sorgsam, fromm und mild,

Zur Kirche mit dem Kinde beten geht,

Ist immer sie ein schönes Ebenbild

Von jener Pilgerin aus Nazareth;

 

Auch Masteis Mutter hat es tief gefühlt,

Woher dem Kind der geist des Segens weht,

Wo ihm der frische Born des Glückes quillt,

Drum lehrte sie dem Ihren das Gebet;

 

Der Knabe faltete die frommen Hände

Und betete die süßen Laute nach,

Bis er sie faßte und dann selber sprach;

 

Gott segnet stets den Müttern diese Spende;

Aus dieser Mutter heiligen Gesprächen

Mit ihrem Kind erfloß der Piussegen.

 

 

Der Lehrer und das Kind

 

Wenn an des Lehrers süß beredtem Munde

Zum ersten Mal erwachend hängt das Kind,

Ist’s nicht, als ob aus lichtem Goldgewind

Ihm dämmerte Auroras erste Stunde?

 

So zieht zu Mastei hin die erste Kunde;

Von jenen Dingen, die der Weltbau sind,

Durch einen Lehrer, und das Licht beginnt

Zu klären ihm die nachtverhüllte Runde;

 

Glückselig’ Spiel! – Der Schüler voll Entzücken,

Der Kenntnis erste Blüthen abzupflücken

Und sinnend sie zum Kranze zu verbinden,

 

Indeß der Palmenengel still gewunken

Dem Lehrer, mit des Wissens ersten Funken

Den Stern für das Jahrhundert anzuzünden!

 

 

Der Vater und der Sohn

 

Graf Masteis Beispiel zog in reinem Glanze

An seines Sohnes Jugendzeit dahin,

So daß des Vaters Segen ihm erschien

Wie Sonnenstrahl der Still ergrünten Pflanze;

 

Nicht nur, daß ihm vom Vatergut zum Kranze

Schon fiel die Adelsblume beim Beginn

Und Vaterlandes Lieb’ und Biedersinn;

Dies schöne Erbgut war noch nicht das Ganze;

 

Vier Körnlein säte noch die Vaterhand

Als Himmelsfrucht dem Sohne tief ins Herz,

Die bald goldstrahlend sprossten himmelwärts;

 

Im Gärtlein sprangen: Klugheit, Mäßigkeit,

Gerechtigkeit und Starkmuth, allbekannt

Als Kardinäle Seiner Heiligkeit.

 

 

Der Erstcommunicant

 

Der junge Sprosse aus Graf Masteis Stamme

Pflückt schon im zehnten Frühling seines Lebens

Die Lilien und Röslein seines Strebens

Im ersten Bunde mit dem Gotteslamme;

 

Es war wohl eines Seraphs heil’ge Flamme,

Noch unerforscht im Brennpunkt ihres Webens

Und unerreicht im Höhpunkt ihres Schwebens,

In der die Liebe zu ihm kam als Amme;

 

Und wie das Kind sie pflog in ihren Armen,

Ließ sie den Jüngling, Mann und Greis erwarmen

Im Sonnenstrahle der Communion;

 

Die Sonne, die Maiblumen ihm gegeben,

Kocht nun im Herbst die Trauben seiner Reben,

Sein Herz gestaltend sich zum Segensthron.

 

 

Der Firmling

 

Hat Gottes Geist einmal ein Herz erlesen,

Wer mag die Wunderkammern dann durchsuchen

Und allen Segen, den der Welt sie trugen,

Mit einem Zeitenmaße wohl durchmessen?

 

Wie die Apostel seine Kraft besessen

Und doch begeistert Christi Banner trugen

Und Schlachten mit dem Schwert des Geistes schlugen,

So ist’s bisher bei Pius auch gewesen;

 

Derselbe Geist ist’s mit dem Siebenstrahle,

Der die Apostel, der den Pius firmte,

Der ihn wie den Apostelfürsten schirmte,

 

Der Himmelskraft ihm gab aus seiner Schale,

Daß, wenn sie ihm das Schwert des Petrus brächten,

Er glücklich führe es in den Gefechten.

 

 

Der studirende Jüngling

1802 – 1809

 

Die Trennung naht, und Masteis Diener rüsten;

Der Musensohn zieht aus in jenen Schacht,

Den zu Volterra lange hielt in Pacht

Die fromme Brüderschaar der Piaristen;

Hier, nahe den tyrrhen’schen Meeresküsten,

Ward er durchstrahlt von jener Zauberpracht,

Die stets noch Wissenschaft dem Geist gebracht,

Im raschen Laufe von sechs Jahresfristen;

 

Da brach er Gemmen aus den alten Sprachen

Nebst Edelgold aus der Philosophie

Und Perlenschmuck vom Kranz der Poesie;

 

Doch war’s nur Knappenarbeit in den Tagen

Der ersten Lehrzeit für den großen Meister,

Der nun auf Sion lenkt den Gang der Geister.

 

 

Der Preisträger

 

Als Musensohn stritt sich mit den Studenten

Graf Mastei tapfer um Minervas Preis,

Und sie ließ in des treuen Ritters Händen

Schon damals blüh’n des Wissens Ehrenreis;

 

Doch seit er schwur, sich ewig zu verpfänden

Dem Dienst der Gottesbraut mit Blut und Schweiß,

Ging das Turnier des Ritters schlachtenheiß,

Und so stieg Zahl und Werth der Siegesspenden;

 

nun sammelt ein er seinen Schatz voll Narben,

Er bindet auf dem Arbeitsfeld die Garben,

Und pflückt sich Röslein ab auf Gottes Alme;

 

So füllet sich der reiche Lorbeerkranz,

Mit dem er wirbt um jene Himmelspalme,

Die ewig blüht in Edens Sonnenglanz.

 

 

Der Tonsurist

1809

 

Das Unscheinbarste in der Jugendzeit

Läßt oft die Würfel für die Zukunft fallen

Und bahnt den Pfad, auf dem wir später wallen;

Beim Neunten Pius that dies Kränklichkeit;

 

Ihn einzuführen in die Ruhmeshallen

Hielt Mars des Vaterlandes Schwert bereit,

Doch da ihn Krankheit immer noch befallen,

Verwehrte man ihm Schwert und Fahneneid.

 

Da ließ er sich denn zu der Fahne werben,

Die hoch vom Thurm des neuen Sion grüßt,

Und schwur für sie zu leben und zu sterben;

 

Die Kraft des Geistes dem Altar zu weihen,

Trat hoffnungsmuthig er nun in die Reihen

Der niedern Kleriker als Tonsurist.

 

 

Der Theolog

 

Ein Frühling war’s, wie Lenz vom Paradies:

Da lag die Segensau der Schrift smaragden

Mit jedem Flor, den uns die Väter brachten,

Rings um den Baum, an den uns Christus wies;

 

Und durch die heil’ge Stille rauschte süß

Der Rede Strom im Sprudel aus den Schachten,

Die Gott im Fels des Glaubens öffnen ließ

Für jene Geister, die nach Wahrheit schmachten;

 

Hier hat sich lang ergangen Mastei sinnend,

Den hohen Steig des Lehramts still beginnend,

Auf dessen Gipfel ihn Gott setzen wollte,

 

Und eingesammelt mit gekröntem Fleiß

Für seinen Geist den Kranz von Edelweiß,

Mit dem er Gottes Braut einst schmücken sollte.

 

 

Der Pilger

1817

 

Was ist’s, daß bei des Mondes stillem Glanze

Graf Mastei, in dem Herzen schwer bekümmert,

Das fromme Aug’ von herbem Schmerz umflimmert,

Als Pilger zieht mit seinem Rosenkranze?

 

Schon war ergrünet ihm die Sionspflanze

Und hatte schön geknospet und geschimmert,

Da kam die alte Krankheit, und das ganze,

Kaum aufgeblühte Glück war nun zertrümmert;

 

Nur zu Loretto winkte noch ein Stern;

Dort hat er Licht in seiner Nacht gefunden

Im milden Aug’ der Mutter unsers Herrn;

 

Dort hat auf ewig er sich ihr verbunden,

Und sie, gewährend seine Bitte gern,

Ließ ihn von seinem schweren Leid gesunden.

 

 

Der Kleriker

1817 – 1819

 

Zwei Jahre trug Mastei nun den Talar

Und übte in den Canditatenreihen

Die kleinsten Dienste der vier niedren Weihen

Als Ministrant beim Opfer am Altar;

 

Und wie der Minorist nach außen war,

So strebte er nach Innen sich zu weihen,

Sein reines Herz erprangte wie ein Maien

im Kranze der Subdiakonenschaar;

 

Die Gottesbraut hat da in hehrer Stunde

Den Gürtel ihm geschlungen fest zum Bunde

Und ihn in Pflicht genommen auf Brevier;

 

Als dann im Dienst er höher stieg zu ihr,

Gab sie ihm Evangelium und Stole

Als seiner großen Zukunft Aureole.

 

 

Der Priester

10. April 1819

 

Der Geist der immer weht, wo er nur will,

Trug auch den Mastei erst auf schmalen Stegen

Und dann auf lenzbehang’nen Rosenwegen

Hinauf an’s hohe, gottgewollte Ziel;

 

In einer Hauskapelle, friedsam-still,

Gab ihm der Siebenstrahl den größten Segen,

Ließ ihm vom Bischof auf die Hände legen,

Und beten, daß die Priestergabe fiel,

 

Fortan das Bundesopfer darzubringen,

Die heil’gen Sakramente zu verwalten,

Und lehrend Himmelskräfte zu entfalten;

 

So zog er segnend aus mit seinen Schätzen,

Bis wieder rauschten jenes Geistes Schwingen,

Ihm Mitra und Tiara aufzusetzen.

 

 

Der Primiziant

11. April 1819

 

Das Harfenspiel aus Edens Wundergärten,

Den Rosenflor, von Salem ausgesandt,

Den Kranz der höchsten Ehre wohl auf Erden

Trug Mastei glücklich als Primiziant,

 

Wo in des sehnens Flammen, den verklärten,

Er freudebebend am Altare stand,

Das Gotteslamm in der geweihten Hand,

Sein Opferpriester täglich nun zu werden;

 

Zu Giovanni war’s in der Kapelle,

Wo er zum ersten Mal die Wandlung sprach

Und Segen schöpfte aus der Opferquelle;

 

Dies Fest, friedstill, in Mitte seiner Waisen,

Das schöne Maifest in den Priesterkreisen,

War auch der Gottesflur ein Frühlingstag.

 

 

Der Waisenvater

1819 – 1823

 

Seit Mastei jenes schöne Wort vernommen,

Das einst der Heiland zu den Jüngern sprach:

„O lasset doch die Kleinen zu mir kommen“!

War auch der Kinder Glück sein liebster Haag;

 

Tagtäglich hat er drum mit Lust erklommen

Den Aventin, wo Giovanni lag;

Und was er that dem Waisenhaus zum Frommen,

Das ward Bedürfnis ihm und Liebesplag;

 

Nach Giovanni ist er selbst geworden

Dann Waisenvater und sein ganzes Leben

Gedachte er den Kleinen hinzugeben;

 

Doch die Schutzengel hörten an den Pforten

Des Himmels, als sie Lohn für ihn begehrten,

Er werde einst „der heil’ge Vater“ werden.

 

 

Der Legationsrath

1823 - 1825

 

Es fuhr auf eines Schiffes schwankem Kiele

Mit der Gesandschaft aus dem Vatikan

Der Priester Mastei durch den Ocean

In’s ferne Südamerika, nach Chile;

 

Das war kein Schaukeln wie auf sanftem Pfühle;

Denn wilder Sturm umbrauste jenen Kahn,

Und auch des neuen Landes rauhe Bahn

Trug marternd ein ihm manche Schwiele;

 

Hier nun half auf dem gold’nen Friedensfaden

Im feingestrickten Netz der Diplomaten

 

Und lernte so die viel verschlung’nen Pfade

Im großen Völkerlabyrinthe lichten

Und sich dabei nur nach dem Kreuze richten.

 

 

Der Domherr

1825

 

Die Mission in Chile war zu Ende,

Und die Gesandschaft stand im Quirinal

Gewärtig, wie man weiter nun verwende

Jedweden nach des Papstes Spruch und Wahl;

 

Für Masteis fleißbekränzte Priesterhände,

Die geizten mit des Tages Stundenzahl.

Lag eines Weinbergs mühsalreiche Spende

Zunächst nun vor in einem Hospital;

 

Doch zog er hin mit einem Domherrntitel

Und theilte mit den Armen auch die Mittel,

Die ihm erflossen vom Kanonikat;

 

Den Schmuck der wohlverdienten Domherrnwürde

Trug er, wie ihn das Dornbusch-Veilchen hat,

Bescheiden unter seiner Arbeitsbürde.

 

 

Der Hospiz-Direktor

1826 – 21. Mai 1827

 

Das Haus zu San Michele war der Preis,

Den er errungen durch die Mission,

Dort, wo das Kind, der Jüngling und der Greis

Sich fand in dem Asyl der Pension;

 

Hier war’s, wo sein Talent, sein Opferfleiß

Sich wiegte wie auf einem Herrscherthron,

Wo in sein Herz, von Nächstenliebe heiß,

Des Himmels Segen fiel als Gottes Lohn;

 

Da war er König einer Welt im Kleinen,

Ein Vater, der vor Freude durfte weinen,

Wenn glücklich er umarmt die lieben Seinen;

 

War’s nicht ein Tröpflein schon vom großen Meere,

Auf dem er nun durch klippenreiche Fähre

Sein Weltschiff muthig lenkt, das völkerschwere?

 

 

Der Erzbischof von Spoleto

3. Juni 1827 – Dez. 1832

 

Nicht lang – so stieg Mastei in Amt und Würden;

Es war des Hohenpriestertumes Weihe,

Wo ihn der heilge Geist gesalbt auf’s Neue,

Zu tragen eines Bischofs schwere Bürden;

 

Spoleto war die Trift des Oberhirten,

Wo seine Heerde er geführt in Treue,

Wo Chrysam er kredenzt der Kinderreihe

Und ausgestreut des Priestertumes Myrten;

 

Wo er einherzog mit der Silberschale,

Die jene goldnen Himmelsäpfel trägt,

Wornach die Seele, wenn sie hungert, frägt;

 

Durch Gottes Auen, grünend dort im Thale,

Hat friedlich er geführt die Seelenschaar,

Weil damals schon sein Stab die Liebe war.

 

 

Der Bischof von Imola

Dez 1832 – 16. Juni 1846

 

Durch Imola tobt Revolution;

Den blut’gen Streit an seinem Herd zu schlichten,

Und jenes Volk zu halten in den Pflichten,

Kam dorthin Mastei auf den Bischofsthron;

 

Der Papst war nicht getäuscht in seinem Sohn;

Denn er verstand, das Wirrsal klug zu lichten,

Und, in Geduld ertragend Spott und Hohn,

Den Haß mit seiner Liebe zu vernichten.

 

Und Freund und Feind sah er beim Kreuz sich einen,

Die Armen glücklich lächeln, statt zu weinen,

Und lang erloschne Kerzen wieder scheinen;

 

So schlug vom dunklen Reiche der Geschicke

Er selbst zum Sonnenlicht die gold’ne Brücke,

Auf der er mählich schritt zum höchsten Glücke.

 

 

Der Cardinal

14. Dez. 1840

 

Schon war erreicht der Jahre Siebenzahl,

Und friedlich floß die aufgeregte Fluth,

Da setzt ein gottgewollter Freudenstrahl

Das Auge Imolas in Glanz und Glut.

 

Es war, als in den Vatikan zur Wahl

Der Papst zu sich die Cardinäle lud;

Mastei, erkoren dort zum Cardinal,

Trug seit der Zeit den Purpur und den Hut;

 

Auch Masteis Name sollte nun nicht fehlen,

Wenn im Conclave sie die Stimmen zählen,

Der Gottesbraut den Führer auszuwählen;

 

War’s nicht, als ob bei diesem Kranz der Ehre

Vorsorglich jene Hand, die seine Fähre

Bisher geleitet, wieder sichtbar wäre?

 

 

Der Jubilar

10. April 1844

 

Auf Masteis Weinberg schien die Sonne klar,

Goldschimmernd reiften dort die Himmelstrauben,

Und Glück und Friede blühte aus den Lauben,

Als nahte sich sein erstes Jubeljahr;

 

Und wieder ging, zu opfern am Atar,

Wie einst der Priester Mastei, fest im Glauben,

Geschmückt im Herzen mit dem Kleid der Tauben,

Ein Hohepriester nun, ein Jubilar;

 

Dort lag der schöne Kranz von Myrthenreis,

Den grünend er vor fünfundzwanzig Jahren

Einst hinterlegt, und blühte – silberweiß;

 

Dank, Preis und Jubel stieg zu Gott empor,

Und triumphierend kränzten Engelschaaren

Den fünfundzwanzigjähr’gen Blumenflor.

 

 

Der Papst

16. Juni 1846

 

Der Hauch  des Weltgebetes zieht in Stille

Zum Quirinal; der Kirche Fürsten tagen,

Umflossen von des ew’gen Lichtes Fülle,

Zur Wahl des Steuermann’s für Petri Nachen;

 

Die Christen allwärts auf dem Erdkreis fragen,

Ob das Conclave sich wohl bald enthülle

Zum Spruch, auf wen vereinet sich sein Wille,

Um dann den Namen hoch und hehr zu tragen;

 

Da tönt’s: „Wir haben einen Papst“ von Oben,

Mastei-Feretti ist’s, nun Pio nono!

Und Jubel braust heran, den Papst zu loben;

 

Und wie die Welle weiter schlägt im Meere,

So rauschet noch, als wenn es heute wäre,

Der Jubelbruß: „Evviva Pio nono!“

 

 

Der Papstsegen

17. Juni 1846

 

Zum Petersplatze wallt auf allen Wegen

Ruhlos der frohbewegte Menschenstrom

Und harret dort gleich stiller See am Dom,

Das Herz nur pulset laut  in hohen Schlägen;

 

Und wie die Römer ziehen zum Willkomm,

So rauscht allwärts ein frühlingsreiches Regen

Der Glaubensflur; der Erdkreis schaut nach Rom;

Der neue Papst gibt dort den ersten Segen;

 

In Majestät, vom Volk umkränzet dicht,

Steht Pius auf der Loggia und spricht,

Die Arme hoch, hinaus den Peterssegen;

 

Maiwonnig, wie einst die Eliaswolke,

Zieht träufelnd er hinaus zum Christenvolke,

Zu perlen an den Herzen allerwegen.

 

 

Die Krönung

21. Juni 1846

 

Trag’ glorreich denn, o Pius, Du die Krone,

Dreifach gekränzt aus Gold und Edelsteinen,

Die Völker Gottes allwärts zu vereinen,

Daß unter ihr ein jedes glücklich wohne!

 

Als ein Symbol vom ewigen Dreieinen

Ist sie gefallen wohl vom Himmelsthrone,

Dem Herrn zu sammeln aus der fernsten Zone

Zur süßen Heimat die verirrten Seinen;

 

Die alten Diademe der Propheten,

Der Könige und Priester schmücken hier

Das Kreuz im Dreikranz, und so ruht’s auf Dir;

 

Der Gott, der einst gestaltet so die Krone,

Wird auch sie schirmen allzeit in den Nöthen

Als Talismann der Hütten wie der Throne.

 

 

Das Oberhirtenamt

 

Hoch von des neuen Sion Felsenzinne

Erhebt sich Pius mit dem Aaronsstabe,

Zu schreiten durch das Reich der Christusminne

Zur Spendung aus der Fülle seiner Habe;

 

Wohl kamen große Sorgen ihm zu Sinne,

Da Viele statt die Trift der Lebenslabe

Die Wüste liebten mit dem Hungergrabe,

Doch Hirtenpflicht gebot, daß er beginne;

 

Und hoffnungsmuthig rief in Wort und Scvhrift

Er Alle hin zum Kreuz und seiner Trift

Und weidet sorgsam sie seit dreißig Jahren;

 

Mit heil’gem Beispiel zieht er stets voran

Und sucht mit seiner treuen Heerde Schaaren

Die Hürde im versprochnen Kanaan.

 

 

Das Hohepriesteramt

 

Im Tempel, von Jahrtausenden erbaut,

Daß dort die Völker künftiger Äonen

Sich heiligend am Opferfeuer wohnen,

Dient Pius am Altar der Gottesbraut;

 

Dem Hohenpriester, den sie sich erschaut,

Daß fortan in den Herzen aller Zonen

Die heil’ge Gottesflamme könne thronen,

Hat sie der Lade Heiligstes vertraut;

 

Und Pius brennt die sieben Lampen an,

Läßt Oel von allen Leuchten thauen,

Und bei dem Licht ist Gottes Heil zu schauen;

 

Des Syrers frische Bäder läßt er rauschen,

Und Völker zieh’n zum Opferquell heran,

Das Kleid in weißen Byssus umzutauschen.

 

 

Die Amnestie

16. Juli 1840

 

Die Freiheit ist das höchste Gut, singt Dante,

Das Gott in seiner Liebe uns verlieh;

Drum sehnt sich, seit die Sünde sie verbannte,

Das Menschenherz nach ihr und ruhet nie;

 

Wenn Pius, gut und mild, so gern verzieh,

Verschenkend an Gefangne und Verbannte

Die Gnade seiner großen Amnestie,

So war’s, weil er der Freiheit Gut erkannte;

 

Wohl hat, was gab sein großes Fürstenherz

Im Drang, die Unterthanen zu beglücken,

Ihm selbst getragen bald den größten Schmerz;

 

Doch edle Geister darf dies nicht berücken;

Die Freiheit war ja einst das Paradies,

Nur Mißbrauch war’s, der es verschwinden ließ.

 

 

Die Flucht

24. Nov. 1848

 

Der Dämon vom verlornen Paradies,

Der Gott und dem Gesetz nur lachet Hohn,

Mit Schrecken sich bei Pius sehen ließ

Als Blutgespenst der Revolution.

 

Was war nun seiner Liebesmühen Lohn?

Daß man den Vater aus dem Hause stieß,

Daß man ihn flüchtig in die Fremde wies

Und würfelte um seinen Königsthron!

 

Zum ersten Male mochte er da fühlen,

Als in der Flucht dem Heiland er begegnet,

Wie schwer sein Kreuz ist auf den Purpurstühlen;

 

Doch die Satane, die ihn hassend schlugen,

Hat ebenso er mit dem Kreuz gesegnet,

Wie jene Engel, die ihn weiter trugen.

 

 

Gaeta

25. Nov. 1848 – 12. April 1850

 

Gaeta, Perle du der Felsenstädte,

Schließ’ deine Thore auf! Ein König will,

Daß hier sein thränend Herz ein Rinnsal hätte,

Der flücht’ge Pius sucht bei dir Asyl!

 

Du hörst mitzitternd seine Schmerzgebete:

„O Vater, wenn es so Dein Rathschluß will,

Daß ich nie mehr die heil’ge Stadt betrete,

So sei dein Wille Stern für meinen Kiel!“

 

Der Oelberg hüllte sich in tiefe Schatten,

Als Gottes Sohn zu seinem Vater flehte,

Bei dir war’s gleicher Schmerz, der dich umwehte;

 

Von deinem Echo, deinen kühlen Schatten,

Schreibt nun die gold’ne Feder der Geschichte,

Und Deine Zinnen glüh’n im Ruhmeslichte.

 

 

Rom ohne Papst

25. Nov. 1848 – 12. April 1850

 

Sag’ an, du stolze Roma, was ist dir?

Von deinen Hügeln weht ein eis’ger Schauer,

In deinen Siegestempeln herrscht die Trauer,

Warum doch ist dein Auge feucht und wirr?

 

Ist nicht dein Ruhm der Städte Neid und Gier?

Bist du die Weltstadt nicht von ew’ger dauer?

Ziert nicht das Freiheitsbanner deine Mauer?

Was trauerst du? Ich bitte, sag’ es mir!

 

Du schweigst und weinst, du trost- und freudenleere,

Als wenn der Vater dir gestorben wäre;

Der Pulsschlag fehlt, der Lebensstrom, das Herz;

 

Dir kam Erkenntnis wohl, das ist dein Schmerz;

Seit Pius sich in das Exil begab,

Bist du ja nichts, als nur – ein großes Grab.

 

 

Rom und der Papst

12. April 1850

 

Es strahlt und jubelt in der ew’gen Stadt;

Ganz Rom, das seine Schuld gesühnt durch Reue,

Hält gleich dem Frühling eine Friedensweihe,

Weil Pius, seine Sonne, wieder naht;

 

Du Glückliche, bestreu’ nur seinen Pfad

Und huldige dem Königspapst auf’s Neue,

Bist ja die Braut, verpflichtet ihm zur Treue,

Die Fürstin die auch seine Krone hat!

 

Stets hüllten sich in Schatten deine Hügel,

So oft der Papst aus deinen Mauern wich;

Nur er reicht deiner Schönheit ja den Spiegel;

 

Du sahst, wie all dein Weltruhm sterbend blich,

sahst dann aus Schutt das Kreuz sich glänzend heben;

Mit seinem Fähndrich wirst du ewig leben.

 

 

Das Dogma von der unbefleckten Empfängnis

8. Dez. 1854

 

Der Baum, aus Christi Senfkorn aufgegangen,

Erneuert stets zweigsprossend sich und steht,

Vom Hauch des Herrn Jahrtausende umweht,

Im frischen Blüthenschmuck und Früchteprangen;

 

Der Lenz hat mit holdseligem Verlangen

Vom Baum die Wunderblüthe nun erfleht;

Sie schimmert weiß, von Edens Glanz umfangen, -

Die Blumenkönigin aus Nazareth.

 

Seit Pius, waltend mit des Baumes Schätzen,

Freudzitternd sie genannt die Unbefleckte

Und eingefügt dem Kranz von Glaubenssätzen,

 

Muß süßer Klang aus frommen Saiten fließen,

Die Blume, die den Geisterfrühling weckte,

Mit heil’gem Liede preisend zu begrüßen.

 

 

Die Todesgefahr

12. April 1855

 

Was stets dem gläub’gen Auge sonnenklar,

Daß schirmet unsern Pius höh’re Macht,

Sah deutlich man beim Licht der Himmelswacht,

Als ihm des Todes Nacht ganz nahe war;

 

Am Kind schon war er einmal in Gefahr,

Am See zu sinken in den Fluthenschacht,

Doch ein Schutzengel hat als Gottes Aar

Ihm Rettung dort in höchster Noth gebracht;

 

Und als der Fall im Sprechsaal sich begab,

Hat, die er anrief als die Makellose,

Beschützt ihn vor des Todes nahem Stolze;

 

Nun steh’n die Jahre schaufelnd an dem Grab,

Doch hegen freudig wir das Gottvertrauen,

Er werde noch den Sieg der Wahrheit schauen.

 

 

Die Wallfahrt nach Loretto

Mai 1857

 

Und wieder hat Loretto angezogen

Den Neunten Pius; längst schon angefacht

Vom Drang, zu lösen, was er einst versprochen,

Naht er mit Volksgeleit und Königspracht;

 

Dem frommen Jüngling hat im Sturm der Wogen

Lorettos Gnadenstern einst Trost gebracht;

Maria war’s, die ihn gesund gemacht

Und ihm und seinem Schifflein blieb gewogen;

 

Dasselbe Bild – dasselbe Herz – doch heute

Voll Liebesdank, voll Jubel und voll Wonnen,

Ausquellend sich, wie übervolle Bronnen!

 

Und auf den Wellen seiner Dankesfreude

Zog ein Gebet für Christi Braut zum Bilde

Und weihte sie dem Muttergottesschilde.

 

 

Castelfidardo

18. Sept. 1860

 

Castelficardos Höhen sollten für die Schlacht

Zum Wohl Italiens sie Wahlstatt bieten,

Wo über Petri Erbgut ward entschieden,

Das Hinterlist und Ehrgeiz nahm in Pacht;

 

Man sagt: „Die Schlachten bringen uns den Frieden“;

Doch war’s kein Weiser wohl, der dies erdacht;

An diese Schlacht sah ich den Fluch sich schmieden,

Den Gräbern nur hat Frieden sie gebracht;

 

Entsprungen ist ein Born voll Weh und Schmerz

Für Pius und zu seinem Volk geflossen,

Und jedem Christen blutet noch das Herz;

 

Ernst-still zog Christi Braut ihr Kreuz hervor,

Und weil sich Fried und Segen nicht ergossen,

Umschlang sie es mit einem Trauerflor.

 

 

Die Heiligsprechung der japanesischen Martyrer

8. Juni 1862

 

Japan, das Saatland eines Franz Xaver,

Bestellt an Rom als frommer Heil’genbitter

Ein stattlich Fähnlein blutgeschmückter Ritter;

Es sind dies sechs und zwanzig Martyrer;

 

Lang ward geprüft, erwogen hin und her,

Und der Prozeß ging wie ein Schlachtgewitter,

Ehvor der Jubel klang aus Sions Cither,

Daß sie als Heil’ge stehn im Himmelsheer;

 

Für Pius war’s der Freuden wohl die größte,

Wie holde Erstlingsfrucht beim Erntefeste,

Als er im Petersdom das „Heilig“ sprach;

 

Und seit er bat um ihren Fürbittsegen,

Zieht man im Glaubensland auf allen Wegen

Den neuen Himmelssternen glücklich nach.

 

 

Die Encyclica

8. Dez 1864

 

Es rast die Geistersee; - wie Donner brausen

Rings um den Glaubensfelsen wilde Wogen,

Hinwegzufegen ihn im Wirbelbogen

Und freien Wegs nach Laune dann zu hausen,

 

Da tönt aus Rom bis an die fernsten Klausen

Der Schifferruf: „Es sei, irrlichtbetrogen,

Das Menschenschiff zum Strudel hingezogen,

Wo Schmerz der Täuschung wühlt und Todesgrausen,

 

Indes der Leuchtturm seines Lichtes Pracht

Vom Felsen Christi bei der Fahrt im Meere

Hochstrahlend werfe in den Sturm der Nacht;

 

Und warnt die Schiffer all’ vor siebzig Scyllen,

Daß rette sich, wer hätte guten Willen,

Vom gleißnerischen Schwall moderner Lehre.

 

 

Der Syllabus

8. Dez. 1864

 

Der Syllabus von Pius ist kein Fluch,

Der grausam brechen soll des Geistes Flügel;

Was Pius sorgsam hier zusammentrug,

Ist für die Geisterfahrt nur Zaum und Zügel;

 

Wer je, sich sehnend auf die heilgen Hügel,

Einmal den schmalen Himmelspfad einschlug

Und lichten Pfad sucht in des Waldes Trug,

der schaut wohl gern in diesen Reisespiegel;

 

Da fällt das Kartenhaus moderner Phrase,

Was unecht gleißt, zerfließt wie Seifenblase,

Und Sonne strahlt in’s schneeverwehte Thal;

 

Durch’s Labyrinth mit vielverschlungnen Pfaden

Führt dieser neue Ariadnefaden,

Im Kreuzgang gleitend, - ohne Zwang und Qual.

 

 

Das Centenarium der Apostelfürsten

1867

 

Ein weiteres Jahrhundert, voll und ganz,

Senkt nieder sich an dem Apostelgrabe,

Und Gottes Engel reih’n die neue Gabe

Zum achtzehnhundertjähr’gen Jubelkranz.

 

Es netzt wie perlenreicher Wellentanz

Die Liebe dort den Saum der heil’gen Habe,

Und Pius theilt, umstrahlt von Bischofsglanz,

Den Segen aus mit dem Apostelstabe;

 

Wohl dürfen die Apostel jenseits thronen

Im Palmenhain mit unverwelkten Kronen,

Doch legt für das berühmte Heldenpaar

 

Auch hier die segensvolle Hand der Zeit

Als Dankesgaben auf den Blutaltar

Das ewig-grüne Reis – Unsterblichkeit.

 

 

Mentana

3. November 1867

 

Die Flamme aus Gottfried von Bouillons Zeiten

Stieg wieder auf wie kurzes Morgenroth;

Das Erbgut Petri war vom Feind bedroht,

Und Retter zogen ein von allen Seiten;

 

Durch Feindes Lager ging, den Kampf zu deuten,

Die eine Losung: „Rom, ansonst den Tod“!

Da schickten Helden ihren schwur zu Gott,

Dem Feinde solchen Frevel zu verleiden;

 

Und du, Mentana, hast ihr Blut getrunken

Zum Zeugnis, daß der Himmel den noch schützt,

Der sich auf Rechte, statt auf Truppen stützt;

 

Dem Rechte hat das Glück bei dir gewunken,

Doch dann verlor sich das zur Saat erwählte

Goldkörnlein Hoffnung in dem Lorbeerfelde.

 

 

Die Seeundiz

11. April 1869

 

Komm’ heute nur, Aurora, bräutlich hold,

In deines Sonnenkleides keuscher Zier,

Sankt Peters Hoherpriester zeiget dir

Ein Kränzlein schöner, als dein Himmelsgold!

 

Zehn Lustra sind dem Zeitenstrom entrollt

Und ruh’n in diesem Kränzlein für und für;

Am Gold des Jubelkränzleins sehen wir,

Was die einst grüne Myrte hat gewollt;

 

Was, Pius, Du als Priester hast getragen

Seit mehr als achtzehntausend Opfertagen

An Freude und an Schmerz – das ist dein Gold;

 

Leg’ nieder Deinen Goldkranz am Altare,

Wo Du die Myrtenblüthen einst geholt,

Und juble dort noch viele, viele Jahre!

 

 

Das Vaticanum

8. Dez. 1869 – 18. Juli 1870

 

Unheimlich gährend ging ein rauschend Wogen

Schon lang im aufgeregten Geistergrund;

Wie Wirbelfluth war’s zornig aufgeflogen

Und für und wider klang’s aus vollem Mund;

 

Da kam zum Stuhl der Weisheit angezogen

Die Glaubenswächterschar vom Erdenrund,

Und prüfend hat sie ab das Gold gewogen

Und klar bestimmt der Stiftung volles Pfund;

 

Es brach der Sturm; - und wie ein weißer Schwan

Stieg draus empor gewaltig, hehr, wie immer

Der alte Fels, doch neu des Kleides Schimmer;

 

Ob seinem Haupt brach neue Pfingsten an,

An siebenhundert Sterne sah man flammen,

Den Sieg der Wahrheit kündend mit dem Amen.

 

 

Die Einnahme Roms

20. Sept. 1870

 

Indeß sann Hinterlist, vom Königsthrone

Den Papst zu stürzen, daß die Metropole

Dem einigen Italien zum Wohle

Ein Anderer beherrsche und dort wohne;

 

Das Feuer war genährt von feinster Kohle,

Und das kommando kam aus ferner Zone,

Als jener Königsstadt der Priesterstole

Man Bresche schoß in ihre Mauerkrone;

 

Dort standen sie, ein buntes Fähnlein Helden,

Bereit, das Herzblut und das junge Leben

Dem Königpapste als Tribut zu geben;

 

Da kam Befehl: „O Kinder, laßt es sein“!

Und treugehorsam wie einst Petrus, stellten

Sie das Gewehr in Ruh; - der Feind zog ein.

 

 

Das 25. Regierungs-Jubiläum

16. Juni 1871

 

Heil, Pius Dir! Du hast allein erreicht

In der gottausgewählten Hirtenschaar

Des ersten bPapst’s Regierungs-Jubeljahr,

Wenn es die Locken Dir auch weiß gebleicht;

 

Wer wär’s, der so wie Du dem Petrus gleicht?

Du trägst nicht nur sein Himmelsschlüsselpaar,

Dem Kreuz, das seiner Martern Krone war,

Hat längst auch Deine Schulter sich gebeugt;

 

Die Ketten, ihm von Heiden nur geschmiedet,

Hat Kindeshand sogar Dir angenietet,

Doch Liebe kam und lockerte die Spangen;

 

Schon siehst Du fünf und zwanzig Freudenrosen

Am Dornenkranze der Tiara prangen;

Heil Dir, wenn erst sein Himmelsflor erschlossen!

 

 

Die Schutzherrschaft des hl. Joseph

1871

 

Sankt Joseph hat, aufstrebend wie  die Ceder,

Nicht nur den alten Libanon geschmückt,

Von jener Palme aus dem Haag der Väter

Wird heute noch das Aug’ der Welt erquickt;

 

Mit schönstem Farbenschmuck schrieb es die Feder,

Wie der Gesponse seine Braut beglückt,

Und wie an seiner Vaterhand dann später

Sich Blumen gern das Jesukind gepflückt;

 

Die heilige Familie gliedert sich

Seitdem nun längst in viele Millionen,

Und alle schmückt ein Zweig aus Josephs Kronen;

 

Drum klang’s vom Piusmund so feierlich,

„Daß Gottes Braut, dem alten Feind zum Trutze,

Noch heute waltet in Sankt Josephs Schutze.

 

 

Zum 80. Geburtstage

13. Mai 1872

 

Die Zeit, die niemals rastet auf dem Fluge

Mit ihren leisen, ewig jungen Schwingen,

Sie naht mit ihrem räthselvollen Buche,

Dir eine Gnade von dem Herrn zu bringen;

 

Der Finger Gottes hat in achtzig Ringen

Geschrieben es mit buntem Farbenzuge;

Die Zeit reicht Dir’s mit ihrem Segensspruche,

Den Kranz von sechzehn Lustren Dir zu schlingen.

 

Schlag auf das Buch! – und wie in einem Spiegel

Wirst Deines Lebens goldne Flur Du schauen,

Im Sonnenglanz die Triften und die Hügel;

 

Die Zeit still segnend heute Gottes Auen,

Zieht, achtzig Perlen pflückend, zu Dir hin,

Die kränzend Dich, die Blume Roms, umziehn.

 

 

Das 26. Regierungsjubiläum

16. Juni 1872

 

Noch auf dem sturmgepeitschten Zeitenmeere

Schwimmt in des Hasses Fluth Sankt Peters Schiff;

Es ringet dort an klippenreichem Riff

Im Geisterstrudel heiß um Sein und Ehre;

 

Sein Fährmann sitzt am Bug zu Wacht und Wehre,

Sucht Richtung sich im Evangelien-Brief,

Das Feuer lenkt mit einem Meistergriff

Der Greis, - den nie gebeugt des Kampfes Schwere;

 

Wie flehten zitternd wir um ihn zum Himmel,

Als sich gefüllt die sagenvollen Jahre, -

Und schon kränzt wieder eins die Silberhaare!

 

Fahr ruhig Schiff, trotz Sturm und Fluthgetümmel!

Denn Pius ist ein geistbeschirmter Schiffer,

Nur Gott weiß seiner Jahre volle Ziffer.

 

 

Das 27. Regierungs-Jubiläum

16. Juni 1873

 

Die Zeit, vom Hauche Gottes fortgetrieben,

Hat Vieles auf den Höh’n und Niederungen

Seit einem Jahre rücksichtslos verschlungen,

Doch Vater Pius ist uns noch geblieben;

 

Das ist’s, daß jubeln heute, die ihn lieben,

Daß allwärts ihm der Flammberg wird geschwungen,

Daß voll die Orgel rauscht mit allen Zungen,

Die hochbegeistert das Te Deum singen;

 

Sieh’, Vater! wie die Kinder dich umringen

Zum Glückwunsch aus den Reichen aller Zonen,

So segne, Glücklicher, die Millionen!

 

Gott aber, dem wir Preis und Ehre singen,

Daß einen neuen Kranz er dir gegeben,

Erhalt’ uns lange noch Dein theures Leben!

 

 

Das 28. Regierungsjubiläum

16. Juni 1874

 

So viel auch Kreuze finden sich auf Erden,

Am Throne golden, in der Hütte bleich,

Dem Deinen, Pius, kommt wohl keines gleich,

Wenn sie an Christi Kreuz gewogen werden;

 

Zwei Engel aber schweben als Gefährten

Zur Seite Dir, auf Gottes Fingerzeig

Zu lindern Deine Martern und Beschwerden,

Und Niemand ist wie Du an Tröstung reich;

 

Sie flechten Dir auf Deinen Dornenwegen

Rothweißen Rosenflor an’s Hirtenkreuz,

Es ist der Liebe und der Jahre Segen.

 

Dein Kreuz, von Liebe goldgefaßt bereits,

Fand heut den acht und zwanzigsten Demanten; -

Glückselig, wer, wie du, das Kreuz verstanden!

 

 

Das Jubiläum von 1875

 

Beim Sturm, der wieder fegt die Sidonspfade,

Gibt einer Pilgerin, die mühsam steigt

Und ob der schweren Wetter ängstlich schweigt,

Ihr Führer seinen Berggruß: „Jubilate“!

 

Auf Neu-Bethesda weist er hin zum Bade

Und in geheimnisvoller Schale zeigt

Er Labung ihr, auf daß die Steigensmatte

Nach muth’ger Fahrt ihr hohes Ziel erreicht;

 

Und nieder läßt sich gern in der Oase

Die Königsbraut und gürtet sich aufs Neue,

Nachdem die Kraft geschöpft aus heil’ger Vase;

 

Dann schaut sie jubelnd auf zur Himmelsbläue,

Und aufwärts geht’s mit sorgenreicher Stirne

Auf Sturmes Flügeln hin zum Himmelsfirne.

 

 

Das 29. Regierungs-Jubiläum

16. Juni 1875

 

Der Lenz, o Jubelgreis, kam wieder Dir,

In Edens Pracht Dein Gnadenjahr zu weben;

Noch lange darfst Du wohl den Segen geben,

Denn der des Frühlings waltet, sorgt auch hier;

 

Wohl wuchert auch mit fluchgeschaffner Gier

Der wilde Dornstrauch bei den goldnen Reben

Als Schattenstreif in Deinem lichten Leben;

Denn tragen mußt Du Deines Königs Zier;

 

Doch auch die Dornen blüh’n als Frühlingszeichen,

Und reichen ein Gewind von Rosenarten

Dir zu dem Jubelkranze ohnegleichen.

 

Wie Frühling webt’s und strebt’s in Deinem Garten,

Indessen tröstend lächelt Dir Walkyre; -

Halt’ doch die Fahne denn und jubilire!

 

 

Die Herz-Jesu-Weihe

16. Juni 1875

 

Der Hohepriester kniet im Vatikan

Als Sions greiser Wächter, tief bekümmert,

Das Herz voll Weh, das Auge thauumflimmert,

Und wieder klopft sein Jubelengel an;

 

Da sammelt sorglich er in seinen Kahn

All’ Menschenherz, ob’s jubelt oder wimmert,

Ob’s schattenstill verwelkt, ob’s blühend schimmert,

Und fährt getrost Sankt Peters Dom hinan;

 

Dort legt er all’ die gottberuf’nen Seelen,

Die ganze Welt dem Heiland zu vermählen,

Dem Herzen Jesu auf den Weihaltar;

 

Gott walt’ es, daß die Weihe Segen bringe,

Daß süßes Glockenspiel uns wieder klinge

Vom Gottesfrieden in das Jubeljahr!

 

 

Das 30. Regierungsjubiläum

16. Juni 1876

 

Heil, Pius, Dir! Laß Freudenthränen quellen

Zum Glück’, das heute blüht durch Deine Lande!

Beim Morgenstrahl, den Gott Dir heute sandte,

Sind Deine Blumen aufgeblüht und schwellen;

 

Daß Gott Dich schützt im Wirbelsturm der Wellen,

Daß er versüßt und lockert Deine Bande,

Legt er zum Troste Dir und Unterpfande

Den größten Jubelkranz in Deine Zellen;

 

Die Schlüssel trägst Du nun schon dreißig Jahre,

Ein Lustrum kränzet Dich von Jubiläen,

Und Lorbeer blüht durch Deine Silberhaare;

 

Du wirst mir Deinen klaren Seherblicken

Die Welt noch lange schrecken und entzücken,

Bis winkend Dir die ew’gen Palmen wehen.

 

 

Der Gefangene im Vatikan

 

Papst Pius wäre dort zu Rom gefangen,

Und sein Palast das finstre Burgverlies,

Wo man ihm nichts als eine Kette ließ,

Und wo der Hunger furche seine Wangen?

 

Wer hätte denn genietet ihm die Spangen?

Wer führt das Scepter, das ihn ketten ließ

Und ihm das freie Hirtenwort verwies?

So zischen höhnend gleißnerische Schlangen;

 

Und doch! – Es ist gebannt im Vatikan

Und kann nicht schalten wie ein freier Mann,

Der als Souverain die reinste krone hätte!

 

Was es nun ist, ob Schonung oder Pflicht,

Daß er verborgen lebt, ich weiß es nicht;

Doch fesselt sicher ihn dort eine Kette.

 

 

Kreuz vom Kreuze

 

Ja, - Kreuz vom Kreuze – so muß Pius heißen!

Noch jung trug er das Kreuz der Kranken schon,

Freiwillig dann das Kreuz mit seinen Waisen

Und ehrenvoll das Kreuz der Mission;

 

Ein Kreuz ist ihm die Revolution,

Ein Kreuz das Heidenthum moderner Weisen,

Ein Kreuz der Irrthum in den Glaubenskreisen,

Ein Kreuz sein haßumwölkter Königsthron;

 

So trägt er vier und achtzig Jahre fast

Ein Martyrer, das Heldenherz voll Wunden,

Bergan partikelweis die Kreuzeslast.

 

Vom Golgatha, wo er das Kreuz gefunden,

Wird ihn der Weg nach Tabors Hütten führen;

Auch er wird nur im Kreuze triumphieren.

 

 

Der Vater der Armen

 

Im Jammerthal, wo Noth und Hungerspein

Tiefdunkle Leidensbrunnen hat gegraben,

Die bittre Thränen nur im Schoose haben,

Steht auch ein Engel mit Johanniswein;

 

Bei Pius geht er täglich aus und ein;

Hat Pius nichts, so kommen milde Gaben,

Und hat er was, so will er Alle laben,

Ein Jeder soll sein Gast und Erbe sein;

 

Geldmünze nennt ein Pius niemals sein,

Selbst seine Petiosen sind nur Sachen,

Die huldvoll er verschenkt an Groß und Klein;

 

Drum geht das Beten auch in allen Sprachen,

Daß Gott ihn dort in’s Buch des Lebens schriebe,

Weil er ein Engel ist der nächstenliebe.

 

 

Der Mann des Gebetes

 

An jenes Waldes labsalfrischer Quelle,

Dem lauten Ocean der menschen fern,

Im Tannendunkel der ersehnte Stern,

Wo Friede blüht am Born der Thränenfälle;

 

Da läßt sich an des Heiligthumes Schwelle

Tagtäglich Pius nieder vor dem Herrn,

Da schaut er sich im Spiegelgrund der Welle,

Da rastet glücklich er, da ruht er gern;

 

Da haucht er in die Wasser seinen Schmerz,

Da frischt er tauchend sein gequältes Herz,

Da blickt er aus der Tiefe himmelwärts;

 

Des Himmels heil’ge Sängerschaaren lauschen,

Wenn seine Lippen leise Laute tauschen;

Dann wird es still; - er hört den Urquell rauschen.

 

 

Der Weltapostel

 

Auch Pius wurde für die ganze Welt

Das Evangelium des Herrn zu lehren

Und Christi Reich und Kronenschatz zu mehren,

Gleich Petrus zum Apostel auserwählt;

 

Und wie die Saat, den Weinberg er bestellt,

Und wie er strebt, die Völker zu bekehren

Und fleht und segnet, Glück und Heil zu nähren,

Das haben dreißig Jahre uns erzählt;

 

Sein Hirtenstab durchkreuzt die ganze Welt,

Und jede Trift, wo ziehen seine Hirten,

Prangt frühlingsschön mit Veilchen, Rosen, Myrten;

 

Auch ihm hat jener Pfingstgeist sich vermählt,

Und seine Botschaft zeuget allerwegen

Von laut bewundertem Apostelsegen.

 

 

Der Fels

 

Es ragt ein Fels auf unerforschtem Grund

Voll Majestät und zauberischer Pracht

In’s Zeitenmeer hinaus bei Tag und Nacht,

Der Petersfels, getauft von Jesu Mund;

 

Wie Fluth auf Fluth auch schäumt aus finsterm Schacht

Und ihn umtost in festgeschloss’nem Bund

Und ihn erfaßt in wilder Wellenschlacht,

Hinweg zu fegen ihn vom Erdenrund:

 

Stets wird am Felsen sie, wo Pius waltet,

Zu eitlem Gischt und leerem Schaum gestaltet,

Der Felsen jedoch ruht und feiert Frieden.

 

Der Fels, der jedem Sturme Trotz kann bieten,

Wird, bis die große Weltfluth bricht herein,

Der Tugend Hort, des Glaubens Feste sein.

 

 

Der Schiffer

 

Das Schifflein Petri zieht im Zeitenmeere

Fürbaß, ob es dort strudelt oder eist,

Durch seine Segel rauscht der Gottesgeist,

Das Steuer führt der Papst mit Zucht und Lehre;

 

Ob Klippen droh’n, ob Sturm im Wogenheere,

Ob es Charfreitags-Finsternis umkreist,

Ob Wetterstrahl in seine Masten reißt:

Der Steuermann setzt tapfer sich zur Wehre;

 

Das Auge frischet ihm die Sternenhut,

Den Arm der Zauberquell voll Martyrblut,

Das Herz des Altars ew’ge Frühlingswonne;

 

Nach einem Sturm’ scheint immer wieder Sonne;

Und führt, segnend manches Grab der Neider,

Papst Pius jenes Wunderschifflein weiter.

 

 

Der Gönner der Kunst und Wissenschaft

 

Was Großes schafft und pfleget auf der Welt

Der Menschengeist in ruhelosem Ringen,

Was er auf stiller Forschung heil’gen Schwingen

Vom Schacht der Tiefe hoch ans Licht gestellt,

 

Die Frucht, die von dem Baum des Wissens fällt,

Den Kranz, den uns die schönen Künste schlingen,

Die Klänge, die seit Davids Harfe klingen,

Und was der sänger in den Saiten hält,

 

Was Gutes, Schönes blühen will und prangen,

Am Dichterfirn bis zu des Künstlers Wegen:

All Dem gibt Pius seinen Hirtensegen;

 

seit uns das Licht im Osten aufgegangen,

Thront Kunst und Wissenschaft ja in den Hallen,

Wo Gottes Braut und auch ihr Führer wallen.

 

 

Der Fischer

 

Der Kahn, an dem die Angel Petris hing,

Liegt immer rüstig noch am Weltmeerstrande,

Doch ist’s nun Pius, der ihn löst vom Lande,

Drum trägt sein Finger auch den Fischerring;

 

Dieselbe Angel, womit Petrus fing,

Dasselbe Netz, das er so glücklich spannte,

Denselben Segen führt der Kahngewandte,

Da er das Erbgut Petri voll empfing;

 

Es trieft, seit er die Geistersee befahren

Und rastlos zog das Netz der Liebe an,

Von Segen sichtlich doch sein Fischerkahn;

 

Und schwankt sein Fahrzeug auf dem zorn’gen Meer

Mitunter auch in Nöthen und Gefahren,

So kommt’s von einem Sturm doch niemals leer.

 

 

Der Gärtner

 

An einem Baume reift die Heilsgeschichte:

Das Paradies mit seinem Gnadenbronnen

Und seinem gottentstrahlten Lebenslichte

Ist einst durch Frevel an dem Baum zerronnen;

 

Doch hat uns wieder die verscherzten Früchte,

Bislang von jener Schlange Gift umsponnen,

Die machte einst den Edenstraum zu nichte,

Der Kreuzbaum dort auf Golgatha gewonnen;

 

Vom Frühling, der zu Bethel aufgegangen,

Sinnbildlich strahlend aus der Weihnachtsfichte,

Darf längst die Frucht am Baum der Kirche prangen;

 

Den Neunten Pius aber hat sich Gott bestellt,

Daß er des Baumes Wort und Pflege hält,

Tagtäglich sammelnd ein die Edelfrüchte.

 

 

Der Völkerlehrer

 

In dem Vermächtniß Christi an Sankt Peter

Stand jener Stuhl, um den drei Jahre lang

Gesammelt er die Kinder, Mütter, Väter,

Bis daß sein letzes wort am Kreuz verklang;

 

Sankt Petrus hielt dann als sein Stellvertreter

Von diesem Lehrstuhl aus den Menschenfang;

Der Uhr des Herzens gab er Himmelsräder

Und richtete des irrthums falschen gang.

 

Um diesen Stuhl, von ew’gen Geisterflügeln,

Getragen einst nach Romas Siebenhügeln,

Hat seitdem sich geschaart die Christenheit;

 

Vor Millionen Hörern und Verehrern

Hält Pius Christi Predigt dort zur Zeit

Als Jüngster von den großen Völkerlehrern.

 

 

Der Himmelspförtner

 

Die Frucht des segens hast du oft geschaut,

Du kennst die Segenskraft der Patriarchen,

Du schätzest hoch die Gnade des Monarchen,

Und weißt, daß Vatersegen Häuser baut;

 

Des Segens Born und Vollkraft jedoch thaut

Von Petri Hand; wenn Alles liegt im Argen,

Selbst wenn die Stunde zieht, dich einzusargen,

Und dir vor deinem ew’gen Richter graut:

 

Wird dich der Papst durch seine Priester grüßen,

Wird in das zage Herz dir Labung gießen

Und pförtnernd dir das Himmelsthor erschließen;

 

Suchst du das Paradies mit seinem Frieden,

Was können Alle, die dich lieben, bieten?

Die Himmelsschlüssel sind nur ihm beschieden.

 

 

Der heilige Vater

 

Zu all’ den hehren, inhaltreichen Titeln,

Die würdevoll der Papst zu führen pflegt,

Ließ sich die Zeit aus ihrem Schoose schütteln

den Stern, den er als „heil’ger Vater“ trägt;

 

Dies süße Wort ist’s, das am Meisten wägt;

Das Himmlische den Menschen zu vermitteln,

Ob sie in Purpur wandeln oder kitteln,

Ist diesem Vater in die Hand gelegt;

 

Wie sind gesegnet, glücklich wir und reich,

Daß Pius wir zum „heil’gen Vater“ haben

Und uns an seinem Tische geistig laben!

 

So flammet denn, ihr Millionen Herzen

Und leuchtet ihm, den Himmelssternen gleich,

In seiner Nacht als Trost- und Dankeskerzen!

 

 

Der Statthalter Christi

 

Die Stadt, den hohen Sitz der Gottesbraut,

Die ihre Linien durch’s Weltall zog,

Hat schaffend Meister Pius fortgebaut,

Erweiternd sie und enger einend doch;

 

Das Pfund, das ihm der Herrgott anvertraut,

Und das die Waage der Geschichte wog,

Hat er wohl angelegt, es rühmend laut,

Da ja sein Wort zu allen Völkern flog;

 

Die Herde, die vom Hern er übernommen,

Hat wachsam er beschützet vor dem Feinde

Und sie in Treu geweidet, ihr zum Frommen;

 

Nie sah die Welt ihn eine Pflicht verletzen;

Und so wird in der himmlischen Gemeinde

Gott den Statthalter über Vieles setzen.

 

 

Das Papstgebet

 

Es geht ein alter Spruch: „Die Noth lehrt beten“!

Und seitdem Pius kämpfet mit der Noth,

Ist auch das Papstgebet ein täglich Brot

Bei Reich und Arm, in Dörfern und in Städten;

 

Die Priester heben, zum Altar getreten,

Für ihn die Arme hoch beim Morgenroth,

Rings kniet das Volk in tiefstem Schmerz vor Gott,

Und Alle fleh’n um Lösung seiner Ketten;

 

Schau’ an die Bergesbrünnlein, wie sie quellen,

Hör’ auf die Waldesvöglein, wie sie singen,

So steigt in Fülle auf das Fleh’n und Ringen;

 

Es ziehn in frommer Harmonie die Wellen

Bewegter Herzen thränend auf zum Herrn,

Daß er der Nacht entsende einen Stern.

 

 

Der Peterspfennig

 

Der weltbewegende Magnet – das Geld -,

Der gleißend schön die Herzen an sich zieht

und fest gebannt in seinem Zauber hält,

Daß man von Himmelsfunken nichts mehr sieht,

 

Auch er ward einst von Christus auserwählt,

Daß er am Throne, wo der Himmel blüht,

Sobald die Liebe weihend auf ihn fällt,

Als ein Rubin in edens Farben glüht;

 

So glänzt der Peterspfennig, hoch geweiht

Von edler Pietät und Kindesliebe,

Schon hier als Edelstein der Christenheit;

 

Schutzengel tragen ihn hinauf zum Throne

Und flechten, daß sein Lichtbild ewig bliebe,

Ihn dort in’s Himmelsgold der Gotteskrone.

 

 

Die Jubiläen

 

Vom Hirtenstab des Neunten Pius wehen,

Siegkündend in der Geisterschlacht der Zeit,

Schon jetzt in reicher Fülle die Trophäen,

Begeisternd jedes Herz der Christenheit;

 

Es ist der Gnadenkranz von Jubiläen,

Den Christus seinem Stellvertreter beut;

Ihm hat, was selbst dem Petrus nicht geschehen,

Das Jubeljahr schon fünfmal sich erneut;

 

Und neunmal hat des Jubiläums frische Quellen

Mit seinen Schüsseln Pius aufgeschlossen,

Und Labung ist der Seelenwelt erflossen;

 

O möchte fürder ihn sein Jubelengel führen,

Bis Friedenssterne ihm das Aug’ erhellen,

Hienieden glücklich noch zu triumphieren!